Netzwerk seit 118 Jahren
VERBINDUNG: Die „Alten Herren“ des Coburger Convents halten Erinnerung an Studentendasein lebendig
Von Thorsten Glesmer
WIESBADEN. Seit nunmehr 118 Jahren treffen sich die in Wiesbaden beheimateten Mitglieder des Coburger Convents, eines Dachverbandes von mehr als 100 Studentenverbindungen, regelmäßig im Rahmen der VACC (Vereinigung Alter Herren im Coburger Convent). Dabei stehen die Geselligkeit und Diskussion über gesellschaftliche Belange ebenso auf der Tagesordnung wie das Engagement für die Verbindungen und die gegenseitige Unterstützung in Beruf und Studium.
„Die Anfänge unserer Zusammenkünfte“, so der langjährige VACCIer Günter Kießling, „sind auf das Jahr 1891 zu datieren. Damals haben sich die ortsansässigen Landsmannschafter zu einem Stammtisch zusammengefunden, da sie sich mit Gleichgesinnten treffen und der Pflege der studentischen Sitten widmen wollten.“
„Deshalb setzen sich die Mitglieder der VACC am Anfang des Jahres zusammen und erarbeiten ein Programm, das aus traditionellen Elementen und aktuellen Themen, die alle Altersgruppen ansprechen sollen, besteht“, ergänzt Jürgen Vetter, der Vorsitzende. „Darum ist kein Jahresprogramm wie das andere, aber dennoch spannend, aktuell und interessant“, meint Wolfhorst Wehr, ehemaliger Verbandsgeschäftsführer. Ein fester Punkt im Programm der VACC ist der Stammtisch, der jeden Freitag im Paulaner am Kureck (heute: jeden 2. Freitag im Monat im Andechser Ratskeller, Anm. d.Red.) stattfindet. Dort findet man eine Runde vor, deren Teilnehmer an ihren Studentenbändern um die Brust zu erkennen sind. „Meistens sind wir so um die fünfzehn Verbandsbrüder, vom Rechtsanwalt über den Arzt bis hin zum Unternehmensberater, die sich hier für ein paar Stunden zusammenfinden, um über Gott und die Welt zu reden“, charakterisiert Jürgen Vetter die allwöchentliche Runde.
Daneben findet jährlich eine Vielzahl von Veranstaltungen statt, im Mai ein Ausflug nach Seligenstadt, im August die traditionelle Schifffahrt auf dem Rhein und im September ein Wanderwochenende. „Derartige Aktivitäten mit den Familien der Mitglieder haben bei uns eine lange Tradition. Unsere Vorgänger führten die erste Bootstour auf dem Rhein bereits 1896 durch“, erklärt das langjährige Mitglied Hans-Helmut Theobald. „Zu diesen Aktivitäten sind auch die Aktiven, das heißt die studierenden Mitglieder der Studentenverbindungen des Coburger Convents, eingeladen. Auf diese Weise entsteht ein langfristiges Netzwerk von Kontakten, von dem jeder profitieren kann“ meint Theobald weiter.
Beim Wiesbadener VACC-Stammtisch tauschen die „Alten Herren“ regelmäßig Meinungen und Anekdoten aus.
Foto: wita/Uwe,Stotz
So selbstverständlich wie das Engagement für die eigene Vereinigung, ist auch der Einsatz für den Coburger Convent, dem alle Mitglieder der VACC Wiesbaden angehören. Daher versteht es sich von selbst, dass die Pfingsttagung in Coburg oder das Zwingenbergfest, das an die Gründung des Verbandes erinnert, stets Teilnehmer aus Wiesbaden findet.
Auch mit gleichartigen Vereinigungen in der Nachbarschaft, wie beispielsweise der VACC Mainz, herrscht ein reger Austausch und gegenseitige Besuche sind an der Tagesordnung. „Das gilt aber nicht nur für Mainz“, ergänzt Kai-Michael Schramm, „sondern für alle größeren Orte in Deutschland. Überall gibt es eine VACC, zu der man ohne Voranmeldung gehen kann. So kann man schnell neue Kontakte knüpfen.“
Im Rhein-Main-Gebiet engagiert sich die VACC Wiesbaden für die gemeinsamen Belange des Studentenverbindungswesens seit Mitte der 1950er Jahre. „Der CDA, das ist der Convent Deutscher Akademikerverbände, wurde in Wiesbaden nach dem Zweiten Weltkrieg von uns mitbegründet“, so Abteilungspräsident a.D. Tilo Hardt. „Er soll den Zusammenhalt und die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akademikerverbänden erleichtert“, schließt er an.
Auf die Frage, was die VACC besonders und einzigartig macht, sind sich alle Mitglieder schnell einig. “Wir sind ein fester Freundeskreis in Wiesbaden, der quer durch die Altergruppen gemeinsame Interessen pflegt. Ihrer akademischen Herkunft gemäß bilden dabei die Entwicklung der Hochschulen, des Studentenlebens und die Pflege der verbindungsstudentischen Traditionen besondere Schwerpunkte. Doch dabei schwelgen wir nicht nur in Erinnerungen, sondern engagieren uns aktiv für die positive Weiterentwicklung des Bildungswesens“, so Jürgen Vetter. Daneben interessieren sich die VACC-Mitglieder auch für das soziale und politische Geschehen in Wiesbaden und der Region, wie im Gespräch am Stammtisch, bei dem eine freundschaftliche Atmosphäre herrscht, schnell deutlich wird.
Text übernommen aus dem Wiesbadener Tagblatt, 2009.